Wir freuen uns, Ihnen die nunmehr 10. Ausgabe der Onlinezeitschrift MEDAON – Magazin für jüdisches Leben in Forschung und Bildung präsentieren zu können. Nachdem der Trägerverein HATiKVA e. V. (Dresden) das Projekt 2006 gestartet hatte, ging die erste Ausgabe im Herbst 2007 online. Seitdem hat sich MEDAON als ein weithin anerkanntes Podium für Perspektiven auf jüdische Geschichte und Gegenwart etablieren können. Der nunmehr gewachsene Redaktionskreis wird in den kommenden Jahren intensiv daran arbeiten, weiterhin unsere Leserschaft zu begeistern und eine gute Adresse für unsere AutorInnen aus Wissenschaft und aus der nichtprofessionell betriebenen Forschung zu bleiben.
Es ist und bleibt auch künftig ein zentrales Anliegen der Redaktion von MEDAON, die Erforschung jüdischen Lebens in Sachsen voranzutreiben. Einen besonderen Schwerpunkt der 10. Ausgabe bilden daher drei Forschungsberichte, die auf Basis der seit 1945 zu Juden und jüdischer Kultur in Sachsen erschienenen Veröffentlichungen erarbeitet worden sind und jeweils mit einer Teilbibliografie erscheinen. Diese Bestandsaufnahme ist von der Redaktion von MEDAON als Impuls für weiterführende Analysen konzipiert worden. Rotraud Ries (Würzburg) für den Zeitraum bis 1780, Daniel Ristau (Göttingen) für die Spanne von 1781 bis 1932 und Judith Kessler (Berlin) für den Zeitraum nach 1945 zeichnen erstmals umfassend Stand, Themenfelder und Desiderate der Forschung nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nach.
Die Forschungsberichte zu den vor allem ab den 1990er Jahren einsetzenden Arbeiten zeigen nicht nur, wie spezifische inhaltliche Schwerpunkte gesetzt und oftmals durch außeruniversitäre lokale Forschungsinitiativen vorangetrieben wurden. Sie erlauben darüber hinaus auch eine Einordnung in den allgemeinen Kontext der deutschen Regional- und Landesgeschichtsforschung. Unseren Projektpartnern, dem Fachreferat Geschichte an der SLUB Dresden und der Anne-Frank-Shoah-Bibliothek an der Deutschen Nationalbibliothek, die uns beide bei der Erstellung der Bibliografie unterstützten, danken wir an dieser Stelle herzlich. Ein vierter Teilbericht, der den Zeitraum von 1933 bis 1945 fokussiert, wird zusammen mit einer umfassenden Gesamtbibliografie für die nach 1945 erschienenen Titel in einer der kommenden Ausgaben von MEDAON erscheinen.
Unserem Anspruch entsprechend, auch jüdisches Leben im Sachsen der Gegenwart in den Fokus wissenschaftlicher Auseinandersetzung zu rücken, findet in der aktuellen Ausgabe ein Beitrag von Melanie Eulitz (Leipzig) seinen Platz. Die Autorin geht am Beispiel einer biographischen Erzählung den Kontextbedingungen eines Konversionsprozesses von einem vormals säkularen persönlichen Weltbild hin zu einer religiösen Individualität nach. Der Artikel untersucht den Zusammenhang von Individuum und Institution, hier zwischen einer jungen Migrantin aus der ehemaligen Sowjetunion und dem ToraZentrum in Leipzig.
In der Rubrik Miszelle stellt Jana Mikota (Siegen) Biographie und Werk von Ilse Weber (1903-1944) vor. Der Beitrag erscheint in der Reihe „Jüdische Schriftstellerinnen – wieder entdeckt“, die von Jana Mikota seit der ersten Ausgabe von MEDAON durchgängig gestaltet wurde. Wir öffnen ab der kommenden Ausgabe diese Reihe auch für andere AutorInnen und richten unseren Blick künftig weiter auf jüdische Schriftstellerinnen, aber auch auf historische Persönlichkeiten in anderen künstlerischen Bereichen, etwa dem Theater, dem Film u. a.
Sebastian Voigt (Leipzig) spürt den Erfahrungen zweier noch kaum beachteter Biographien polnisch-jüdischer Kommunisten, Adam Rayski und Mosche Zalcman, nach und weist vielfältige Anknüpfungspunkte für eine weiterführende Forschung aus.
Anne-Christin Saß (Berlin), eine der KuratorInnen der aktuell im Jüdischen Museum Berlin gezeigten Ausstellung „Berlin Transit. Jüdische Migranten aus Osteuropa in den 1920er Jahren“, zeichnet ausführlich die Überlegungen zur musealen Präsentation historischen Bildmaterials des früheren jüdischen Lebens im Scheunenviertel von Berlin nach.
Susanne Urban (Bad Arolsen) stellt am Beispiel der Unterlagen zu Moses Junger (1927 oder 1929 geb.) die Potentiale der Bestände des International Tracing Service für die historische Forschung zu Kindüberlebenden der Shoah und sie unterstützende Organisationen vor. Ergänzend zum Beitrag präsentieren wir einzelne Dokumente.
Gudrun Schroeter (Berlin) widmet sich dem Onlineportal Chronik des Gettos Łódź Litzmannstadt. Das letzte Jahr, welches Ausschnitte dieses zentralen Dokuments in kommentierter Form zugänglich macht.
Berndt Strobach (Wolfenbüttel) richtet seine Aufmerksamkeit auf die Megillah des hannoverschen Hofjuden Isaak Behrens (vermutlich 1690-1765), die nach seiner Einschätzung bislang trotz einfacher Zugänglichkeit durch das Projekt Compact Memory wenig Beachtung gefunden hat.
Seit 2008 bietet die Abteilung für deutschsprachige Länder der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem den Onlinekurs Die Shoah im Unterricht: Lernen über Entscheidungen und Handlungsoptionen an. Anna Stocker (Jerusalem) stellt aus der Perspektive der Institution das Angebot, welches sich an Lehrkräfte im schulischen und außerschulischen Bereich richtet, und seinen Ansatz, Methoden und Ziele vor. Michaela Baetz und Heike Herzog (Nürnberg) sowie Heinz Sigmund(Mannheim) stellen dem ihre Motivation und die gemachten Erfahrungen mit dem Kurs als ehemalige Teilnehmende gegenüber und zur Diskussion.
Wie gewohnt veröffentlichen wir eine Reihe von Rezensionen wissenschaftlicher Publikationen und anderer Formate. Wir möchten an dieser Stelle nur auf ausgewählte Beiträge eingehen: Ausführlich etwa widmet sich unser Redaktionskollege Tobias Ebbrecht (Berlin) dem Dokumentar-Theater-Projekt Die Wannsee-Konferenz, welches am historischen Ort anlässlich des 70. Jahrestages aufgeführt wurde. Liliane Weissberg (Philadelphia) hingegen kontextualisiert das Vorhaben Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur; ein Projekt, welches am Simon-Dubnow-Institut für jüdische Geschichte und Kultur an der Universität Leipzig angesiedelt ist. Hermann Simon (Berlin) würdigt – auch vor dem Hintergrund der eigenen Biografie – die ergänzte Neuauflage des lokalhistorisch bedeutenden Bandes „Zehn Brüder waren wir gewesen…“ Spuren jüdischen Lebens in Neukölln.
Die aktuelle Ausgabe von MEDAON wäre ohne die Unterstützung von Wendy Anne Kopisch, Peter Carrier, Phillip Roth und Irina Suttner sowie allen Gutachterinnen und Gutachtern nicht zustande gekommen. Die Korrektur besorgten Cathleen Bürgelt und Marcus Schaub sowie Gunther Gebhard und Steffen Schröter von text plus form – die Redaktion dankt ihnen allen herzlich.
Erratum: Ausdrücklich möchten wir an dieser Stelle auf eine Richtigstellung Malte Geberts zu seinem Beitrag in der Ausgabe 9, Oktober 2011, verweisen.
Thomas Fache
für die Redaktion von MEDON
im April 2012.
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Autor(en): Redaktion Medaon,
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