In der aktuellen Ausgabe von MEDAON erweitert Anna Augustin (Potsdam) die hiesige wissenschaftliche Auseinandersetzung zum Themenkomplex Nazi Looted Art um eine fallorientierte Analyse des Umgangs israelischer Museen mit entwendeten Kulturgütern. Alexandra Klei (Berlin) untersucht in ihrem Beitrag die Erinnerung an die jüdischen Insassen des Konzentrationslagers Buchenwald auf dem Gelände der heutigen Gedenkstätte. In den Fokus stellt sie die Beschreibung und Analyse der Denkmale, Inschriften, Fotografien und Texte als materielle Träger von Informationen. Ines Sonder (Potsdam) zeichnet die Rezeption von visionären Ansätzen, Schriften und Werken Bruno Tauts, eine der zentralen Persönlichkeiten der Architektur um 1920, durch Vertreter der ersten Generation zionistisch gesinnter Architekten nach. Diese, aktiv beteiligt am Aufbau einer neuen jüdischen Gesellschaft, berücksichtigten dabei in ganz unterschiedlicher Art und Weise die Tautsche Idee der „Stadtkrone“. Malte Gebert (Berlin) zeigt anhand der Rezeptionsgeschichte der Protokolle der Weisen von Zion, dem Schlüsseltext des modernen Antisemitismus, den Eingang eines Textes christlich-europäischer Provenienz in ein in der ägyptischen Gesellschaft vorab existierendes Narrativ über die Juden. Dabei weist Gebert den Glauben an eine jüdisch-zionistische Weltverschwörung als ein bis heute zentrales Moment des arabischen Antisemitismus aus. Susanne Beer (Berlin/Essen) und Marten Düring (Essen) suchen aus dem Kontext des sozialen Umfeldes heraus die Motive der Berliner Journalistin Ruth Andreas-Friedrich auszuleuchten, die in der Zeit des Nationalsozialismus jüdische Freundinnen und Freunde unterstützte. Sie plädieren abschließend für weitere und vergleichende Studien sowie eine daran anknüpfende theoretische Fassung von Hilfeleistung in politisch repressiven Kontexten.
Oliver Geisler (Dresden) verweist auf die Komposition „Psalm“ – ein Versuch des Schweizers Heinz Holliger, nach dem Tode Paul Celans dessen Gedicht und Suche nach einer Sprache für die Shoah ins Musikalische zu transformieren. Das Werk wird im November 2011 im Rahmen eines Gedenkkonzertes in der Dresdner Neuen Synagoge erklingen. In der Reihe „Jüdische Schriftstellerinnen – wieder entdeckt“ erinnert Jana Mikota (Siegen) an die in Auschwitz ermordete Lyrikerin Gertrud Kolmar. Waltraud Schmidt (Rößnitz) stellt die jüdische Arztfamilie Friedländer vor und schildert deren sich an die Novemberpogrome von 1938 anschließende Vertreibung aus Brambach im sächsischen Vogtland.
Das Interesse von Joachim Albrecht (Kamenz) gilt dem Kontext einer im Sächsischen Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv Dresden, aufbewahrten und hier dokumentierten Bittschrift Prager Juden aus dem Jahre 1744, welche nach antijüdischen Pogromen vergeblich um Aufnahme in Sachsen baten. Miriam Y. Arani (Frankfurt/Main) stellt einen Fotobestand der Wiener Library, London, vor und wirft ein quellenkritisches Schlaglicht auf dessen Entstehungs- wie Überlieferungsgeschichte. Die Zeugnisse aus dem Getto Litzmannstadt, die wir an dieser Stelle dokumentieren, wurden von Mendel Grosmann und wahrscheinlich Lajb Maliniak aufgenommen.
Noa Mkayton (Jerusalem) plädiert für eine altersfrühe Begegnung mit dem Thema Holocaust im Kontext des Grund- und Unterstufenunterrichts und reflektiert spezifische Herausforderungen.
Wie gewohnt vermisst eine Reihe von Rezensionen wissenschaftliche Publikationen und Online-Angebote. Wir verweisen an dieser Stelle besonders auf die Doppelbesprechungen von Janina Wurbs (Berlin), Edna Herlinger (Frankfurt/Main) und Kobi Kabalek (Beer Sheva).
Die aktuelle Ausgabe von MEDAON wäre ohne die Unterstützung von Wendy Anne Kopisch, Peter Carrier, Phillip Roth, Irina Suttner und Stefan Schwarz sowie allen Gutachterinnen und Gutachtern nicht zustande gekommen. Die Korrektur besorgten Cathleen Bürgelt sowie Gunther Gebhard und Steffen Schröter von text plus form– die Redaktion dankt ihnen allen herzlich.
Die Redaktion von MEDAON im Oktober 2011
Autor(en): Redaktion Medaon,
Zur Literaturverwaltung hinzufügen: