Heute erscheint das erste Heft der Online-Zeitschrift “Medaon – Magazin für jüdisches Leben in Forschung und Bildung”. Die Zeitschrift ist nicht nur das Ergebnis des fortdauernden Interesses am Judentum und jüdischen Leben, das innerhalb der letzten zwei Dekaden einige neue Periodika mit entsprechendem thematischem Bezug hervorgebracht hat. Sie ist auch dem Wunsch geschuldet, ein wissenschaftliches Organ zu etablieren, das der Wissenschaft aber auch dem Sektor der schulischen und akademischen (Aus-)Bildung sowie interessierten wissenschaftlichen Laien einen kostenlosen und niedrigschwelligen Zugang bietet. Dies schien am besten gewährleistet durch die Bereitstellung einer Online-Zeitschrift, auf deren Beiträge jederzeit und von vielen Orten ohne größeren Aufwand zurückgegriffen werden kann.
Dabei setzt Medaon im Gegensatz zur Anlage anderer wissenschaftlicher Zeitschriften bewusst darauf, ein möglichst breites, interdisziplinäres Spektrum an Themen mit Bezügen zur Geschichte, Kultur, Religion und Gegenwart der Juden/des Judentums im nationalen, inter- und transnationalen Raum sowie Fragen ihrer didaktischen Vermittlung abdecken zu können. Sie soll auch außerhalb des institutionellen Diskurses als Forum für die Diskussion wissenschaftlicher Ergebnisse und für Meinungsaustausch dienen. Dies soll auch durch die Möglichkeit der Wahl verschiedenen Beitragsformen – Fachartikel, Miszellen und Quellen, Rezensionen – gewährleistet werden. Eine Besonderheit von Medaon ist, dass sie neben wissenschaftlichen Fachaufsätzen auch qualitative Ergebnisse in den Forschungsdiskurs einzubringen sucht, die im Rahmen von studentischen Hausarbeiten, Praktika sowie Schülerarbeiten oder semiprofessioneller Forschung entstanden und durch die Redaktion betreut worden sind. Dadurch wird gleichzeitig ein Beitrag zur Vernetzung der Forschungslandschaft geleistet, der sich nicht auf den universitären Bereich beschränkt.
Entsprechend finden sich in diesem Heft Artikel und Beiträge, die die wissenschaftliche Vielfalt widerspiegeln, die sich Medaon für die Zukunft wünscht: So befasst sich Cathleen Bürgelt mit einem der bekanntesten europäischen Hofjuden Berend Lehmann und dessen Bedeutung für den Erwerb der polnischen Königskrone durch den sächsischen König 1697. Mit den Artikeln von Roland Müller und Miroslawa Lenarcik widmen sich gleich zwei Artikel dem jüdischen Leben in Breslau im 19. und 20. Jahrhundert. Während Müller die Zerstörung des jüdischen Schulwesens zwischen 1933 und 1942 schildert, wendet sich Lenarcik den jüdischen Stiftungen der Stadt zu, an denen sie den Wandel der jüdischen Philanthropie festmacht.
Ebenfalls mit der Frage des wohltätigen Handelns beschäftigt sich Gerd Stecklina. Sein Aufsatz thematisiert Leo Baecks Einsatz für die Fortentwicklung der jüdischen Wohlfahrtspflege in den 1920er Jahren. Schließlich behandelt Jana Mikota die Bedeutung von Otto Rühle und Alice Rühle-Gerstel hinsichtlich der Lesesozialisation proletarischer Kinder und Jugendlicher in der Weimarer Republik und Katja Köhr stellt sich die Frage der Holocaust-Rezeption in der Konzeption der neuen Holocaust-Museen in Oslo und Budapest, wobei sie besonders auf das Spannungsverhältnis von nationalen Erinnerungskulturen und dem Trend zur Universalisierung der Holocaust-Erinnerung hinweist.
Neben den genannten Artikeln, findet der Leser weitere kleine Beiträge, die sich zum einen mit Aspekten der Geschichte und aktuellen Situation der Juden in Sachsen und speziell Dresden, zum anderen aber auch mit den Neubauten der Israelitischen Kultusgemeinde in München beschäftigen.
Die Redaktion von MedaonDresden, Oktober 2007